Augen auf beim Gebrauchtwagenkauf
Als Laie ist es schwierig zu erkennen, wann ein Angebot unverschämt billig oder einfach nur unverschämt ist – denn oft versuchen Autoverkäufer ihre Ware zu überhöhten Preisen an den Mann zu bringen. Wie Sie sich auf die Suche vorbereiten und die größten Fehler vermeiden können, ohne einen Sachverständigen hinzuzuziehen, lesen Sie hier:
Ist der Gebrauchtwagenverkäufer vertrauenswürdig?
An erster Stelle steht es, zu erkennen, ob der Verkäufer Ihres zukünftigen Wagens vertrauenswürdig ist oder nicht. Anbieter, die nichts zu verbergen haben, geben Ihnen ausreichend Zeit für die Besichtigung und Probefahrt und liefern eine lückenlose Dokumentation aller Inspektionen und Wartungsarbeiten. Sollten Sie sich für einen Kauf beim Händler entscheiden, so muss er für ein Jahr lang für Mängel haften; allerdings muss nach einem halben Jahr der Käufer nachweisen, dass ein Fehler bereits beim Kauf vorgelegen hat. Oftmals sind die Preise beim Händler zwar höher, aber man muss überlegen, ob die größere Sicherheit in Bezug auf verborgene Mängel diesen Preis nicht eventuell Wert ist. Unseriös ist es dagegen, wenn ein gewerblicher Verkäufer sich durch Klauseln wie „im Kundenauftrag“ oder „gekauft wie gesehen“ vor dieser gesetzlichen Sachmängelhaftung drücken will.
Das ist beim Kauf eines Gebrauchtwagens wichtig
Sollten Sie sich für eine Besichtigung entschieden haben, gilt es folgende Verhaltensweisen zu beachten:
1. Wichtig ist es, ein Auto bei Tageslicht und im trockenen Zustand zu begutachten; nur so erkennen Sie ausgetauschte oder reparierte Teile. Rost findet man häufig an versteckten Stellen wie dem Radkasten oder unter dem Teppich. Einen Hinweis auf übermalten Rost geben Lackreste oder Unterschiede in der Farbe. Sind Reifen nur einseitig stark abgefahren, könnte es sein, dass die Achseinstellung nicht mehr in Ordnung ist. Hinweise auf einen verdeckten Unfall können folgende Merkmale liefern: Ungleiche Spaltmaße zwischen einzelnen Bauteilen wie zwischen den Türen oder zwischen der Motorhaube und den Kotflügeln sind verdächtig. Vergleichen Sie dabei linke und rechte Fahrzeugseite. Sollten Produktionsdatum der Lampen und Baujahr des Autos nicht übereinstimmen, so wurden die Leuchten vermutlich ausgewechselt.
Kauf eines gebrauchten Fahrzeugs: Check des Innenraums und der Technik
2. Auch den Innenraum sollten Sie einer genauen Prüfung unterziehen.
Testen Sie die wichtigsten elektrischen Funktionen wie Scheibenwischer, Beleuchtung, Heizung/Klimaanlage, das Radio usw. Sollte es muffig riechen, liegt der Verdacht nahe, dass es im Innenraum feucht ist. Auch stark angelaufene Fenster oder Feuchtigkeit unter den Fußmatten sollte Sie stutzig werden lassen. Überprüfen Sie den Grad der Abnutzung von Sitzflächen, Schalthebeln und Knöpfen. Die Nutzungsspuren an diesen Teilen sollten in etwa dem angegebenen Kilometerstand entsprechen. Auch ein Blick in den Kofferraum kann Mängel offenbaren: Sollte es auch dort eher muffeln oder aber die Reserveradmulde feucht sein, so weist das auf eine undichte Stelle (Korrosion?) in der Karosserie hin. Ein Blick unter den Kofferraumbodenbelag könnte sich ebenfalls lohnen; auch hier könnte versteckter Rost lauern.
Sollte beim Rütteln an der Sitzlehne ein großes Spiel festzustellen sein, so deutet das auf eine ausgeschlagene Sitzlehnenarretierung und damit eventuell auf einen Heckaufprall hin.
Achten sie auch auf die Kontrollleuchten in der Tachoeinheit: falls z. B. die Airbag-Leuchte dauerhaft leuchtet, ist das ein Grund, keine HU-Plakette zu bekommen: manche Verkäufer neigen zu einer einfachen Lösung: Sie überkleben die fehlerhafte Leuchte einfach mit schwarzer Folie.
3. Überprüfen Sie die Technik: Beim Blick unter die Motorhaube sollten Sie mit einer gut funktionierenden Taschenlampe den Innenraum untersuchen. So können Sie erkennen, ob Öl austritt. Überprüfen Sie auch Schläuche und Dichtungen sowie Stoßdämpfer, Ölwanne und Getriebe auf Spuren von ausgelaufener Bremsflüssigkeit oder Öl. Sollte der Motorraum eines älteren Fahrzeugs makellos sein, so könnte der Verkäufer mithilfe einer Motorwäsche versuchen, Spuren zu beseitigen und undichte Stellen zu vertuschen. Nach der Probefahrt sollten sie dann den Motorraum noch einmal auf Flüssigkeitsverlust überprüfen. Falls der Behälter mit Kühlflüssigkeit trübe Flüssigkeit enthalten sollte oder sich im Einfülldeckel für Motoröl weißer Schleim befinden, könnte das ein Hinweis auf eine defekte Zylinderkopfdichtung sein. Bewegen Sie bei geöffnetem Seitenfenster das Lenkrad leicht hin und her und achten Sie dabei auf die Bewegung der Reifen. Können Sie das Lenkrad ohne Kraftaufwand mehr als ein bis zwei Finger breit bewegen, ohne eine Bewegung der Reifen festzustellen, deutet dies auf ausgeschlagene Lenkübertragungsteile oder eine defekte Lenkung hin (teuer!).
Gebrauchtwagenkauf: Die Probefahrt muss sein!
4. Probefahren: Nur bei einem Kaltstart lässt sich feststellen, ob ein Auto so funktioniert, wie sie es sich auch später nach einer längeren Fahrpause vorstellen.Wenn Sie die Zündung einschalten, müssen die Kontrollleuchten in der Tachoeinheit aufleuchten und beim Start des Motors wieder ausgehen. Bewegen Sie das Auto auf verschiedenen Straßen (Nebenstraßen, Landstraßen, Autobahn) um das Fahrzeug bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu testen. Nehmen Sie sich mindestens eine halbe Stunde Zeit für eine Probefahrt. Achten Sie bitte darauf, dass das Fahrzeug versichert ist. Fahren Sie aufmerksam und nutzen Sie alle Ihre Sinne! Wie fühlt sich das Auto an? Hören Sie ungewöhnliche Geräusche? Riecht es seltsam? Achten Sie auch auf die Temperaturanzeige des Kühlwassers. Nur in Ausnahmefällen sollte die Temperatur über 100 °C liegen.
5. Lassen Sie sich wichtige Dokumente wie Serviceheft, Reparaturnachweise und HU-Prüfberichte zeigen. Untersuchen Sie, ob Serviceeinträge und Daten/Kilometerstände mit den Hauptuntersuchungen und Reparaturnachweisen zusammenpassen. Somit haben Sie eine Chance, den aktuellen Tachostand zu überprüfen, der leicht zu manipulieren ist. Sollten im Fahrzeugbrief viele Vorbesitzer aufgeführt sein, so könnte das ein Hinweis auf ein sogenanntes Montagsauto sein. Stutzig machen sollten Sie mehr als zwei Halter in fünf oder drei in sieben Jahren. Auch den HU-Prüfbericht können Sie natürlich überprüfen: Sind hier nur wenige oder keine Mängel aufgeführt, heißt das aber nicht, dass Sie ein mängelfreies Auto kaufen, denn Prüfingenieure sind auch nur Menschen bzw. auch in dieser Berufssparte gibt es schwarze Schafe.
Der Kaufvertrag beim Gebrauchtwagen
6. Im Kaufvertrag sollten Sie alle vom Verkäufer zugesagten Eigenschaften wie „unfallfrei“ oder „Importfahrzeug“ aufnehmen. Sollten Sie eine Anzahlung leisten oder bereits den ganzen Kaufpreis bezahlen, lassen Sie sich diese Zahlung schriftlich bestätigen. Unter normalen Umständen werden Zahlungen erst nach Unterzeichnen des Kaufvertrags geleistet. Einen Mustervertrag gibt es z. B. beim ADAC oder bei mobile.de Abschließend gilt für den Autokauf im übertragenen Sinn das gleiche Motto wie für den Besuch im Supermarkt: „Gehen Sie niemals hungrig einkaufen“. Wir raten Ihnen, Ihren Kauf z. B. nicht davon abhängig zu machen, dass Sie sich schon lange ein bestimmtes Auto wünschen und es jetzt endlich gefunden oder eine lange Anfahrt zur Besichtigung hinter sich haben, sondern in Ruhe und nach dem Vergleich mehrerer Gebrauchtwägen zu entscheiden.
Sollten Sie sich trotz unserer ausführlichen Tipps unsicher sein, bietet der ADAC nach Terminvereinbarung und einem zeitlichen Vorlauf von einigen Tagen für 95 Euro einen umfangreichen Gebrauchtwagencheck an. Als ADAC-Prüfdienstpartner sind Sie bei uns immer an der richtigen Adresse.
Kontaktieren Sie uns einfach, wenn Sie Fragen haben oder einen Termin vereinbaren wollen.
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Autor
Andreas Gumminger
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